Sonntag, 13. August 2006
Die Qualität einer Qualitätszeitung
Als gelernte und studierte Journalistin habe ich unter anderem gelernt, dass die Rheinische Post eine der deutschen Qualitätszeitungen ist. Ich weiß, dass die RP eine der ersten Zeitungen war, die ein so genanntes Total Quality Management (TQM) vollzogen hat. Im Produkt- und Dienstleistungsbereich kennt man sowas ja, aber bei einem Medium... Vereinfacht ausgedrückt heißt es aber auch dort nichts anderes, als dass verbindliche Standards gesetzt werden.
Ich wohne in Düsseldorf, also habe ich die RP abonniert. Aber je häufiger ich sie lese, desto größer werden meine Zweifel an der Qualität. Ich ärgere mich regelmäßig über Sprachfehler (dazu gehören Rechtschreibfehler, Grammatikfehler, Flüchtigkeitsfehler, falscher Ausdruck, falsches Bild etc. etc.), ebenso ärgern mich langweilige, "verschenkte" Geschichten. Beispiele: Heute erst habe ich einen Artikel gelesen, der am Ende einfach abbrach, mitten im Satz. Vor ein paar Tagen belästigte mich eine klischeetriefende Geschichte über ein "Wellness-Studio" in Bilk, langweiliges Geblubber.
Früher habe ich (in Duisburg) WAZ und NRZ gelesen, ebenfalls grauenhaft, insofern ist der Abstieg nicht groß. Ich erinnere mich aber an die erste Zeit in Düsseldorf, als ich die RP hin und wieder gelesen habe und sie richtig gut fand. Neue Themen, andere Aspekte, erfrischende Darstellungsformen, pointierte Sprache...Naja, vielleicht nicht durchgängig, aber doch auffallend mehr als jetzt.
Ohne empirische Belege liefern zu können, habe ich den Eindruck, dass unter dem früheren Chefredakteur jedenfalls die Qualität der Zeitung eine höhere gewesen ist. Ich habe aber auch gehört, dass die Stimmung in der Redaktion unter seiner Leitung eine extrem schlechte war, er scheint kein angenehmer Chef zu sein.
Was ich jetzt allerdings zu lesen bekomme, macht mir ganz und garnicht den Eindruck, als habe die Redaktion jetzt mehr Spaß an ihrer Arbeit. Irgendetwas läuft da meiner Meinung nach falsch. Vielleicht ist es das Problem eines jeden Qualitätsmanagements-Systems, das seinen Sinn verliert, wenn es nicht gepflegt wird. Da machen dann eben alle wieder das, was sie immer schon gemacht haben und gehen den Weg des geringsten Widerstands. (Qualität ist ja auch anstrengend.) Vielleicht ist es ein Problem von Geld und Zeit? Offenbar gibt es keine Schlusskontrolle mehr (zum Stichwort Sprachfehler), offenbar fehlt auch das kollegiale Gegenlesen und Redigieren. Sollte das tatsächlich an zusammengestrichenen Redaktionen und Budgets liegen: Hier wird an der falschen Stelle gespart! Aber was auch immer die Ursache ist: Am Ende ist es ein Führungsproblem.
Ich finde das nicht nur ärgerlich (siehe oben), sondern auch schade. Erstens, weil der Journalistenberuf "eigentlich" ein sehr schöner ist; zweitens, weil Düsseldorf und seine Bürger eine richtig gute Zeitung verdienen.
Ich wünsche eine schöne Woche in Düsseldorf!

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Donnerstag, 10. August 2006
Müllwerker am Morgen...
Manchmal bin ich das Großstadtleben leid. Zum Beispiel morgens, wenn ich nach nächtlicher Arbeit noch im Bett liege und durch lärmende Müllwerker geweckt werde. Oder nachts, wenn ich durch Rettungswagen und Feuerwehr aufgeschreckt werde. Oder wenn ich keinen Parkplatz finde...
Dann bringt mich ein Besuch auf dem Lande wieder auf den Pfad der Tugend.
Vergangene Woche habe ich ein Unternehmen am Niederrhein besucht. Die Firma liegt in einem Gewerbegebiet in Nachbarschaft zu landwirtschaftlich genutzten Feldern. Und das bedeutet: Fliegen! Oh, ihr wisst nicht, was eine Fliegenplage ist, wenn ihr nicht erlebt habt, was sie in diesem Unternehmen anrichtet. Um jeden Mitarbeiter kümmern sich mindestens zwei Fliegen, um den Chef vier bis fünf. Sie setzen sich auf Hände, Arme, Lippen, krabbeln in Butterbrottüten. Empfindliche Menschen bekommen Herpes-Ausschlag bei der Vorstellung, dass die Fliegen erst durch Kuhfladen oder Gülle gelaufen sind und dann über den Mund spazieren. Obwohl jeder mit einer Fliegenklatsche bewaffnet ist, gelingt es keinem, auch nur für zwei Minuten Ruhe vor den Viechern zu bekommen. Inzwischen hat sich die Überzeugung durchgesetzt: "Wenn man eine Fliege erschlägt, kommen zwei neue zur Beerdigung."
Trotzdem ist die Mordlust ungebrochen. Das Geschwirre und Gekrabbel macht hochgradig aggressiv. Das Fliegenklatschengeräusch - Sirren, Klatsch! - bestimmt die Geräuschkulisse. Mit geschlossenen Augen könnte man sich in eine mittelalterliche Klosterszenerie versetzt glauben, in der die Mönche sich mit der Peitsche geißeln. Der Chef leidet allerdings am härtesten unter der Plage. Der alltägliche Ärger eines Unternehmers ist auch so schon Last genug: Kunden, die nicht zahlen; Arbeitnehmer, die Mist bauen; Steuerberater und Finanzämter, die schlampig arbeiten usw. usf. Und dann auch noch die Fliegen... Kurzum: Der Chef zieht immer häufiger Bombenattentate gegen staatliche Institutionen in Erwägung, sagt dieses auch laut und gegenüber Vertretern der Exekutive. Nur gut, dass sie ihn bislang nicht ernst genommen haben!
Und da denke ich mir: gegen so eine Fliegenplage ist ein Müllwerker doch ein Witz. Und jetzt alle: Müllwerker am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen! Ich wünsche schöne Tage in Düsseldorf!

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Mittwoch, 26. Juli 2006
Die Profis und die Anderen
Als meine Eltern jung waren, gehörten Autokinos zu den beliebten Freizeitvergnügungen, besonders im Sommer. Das hatte sicher zu einem Großteil damit zu tun, dass junge Leute ausgesprochen wenig Gelegenheiten hatten, ungestört mit Freund oder Freundin zu sein. Und wer ein Auto zur Verfügung hatte, gehörte schon zu den Glücklichen. Im Autokino konnten die jungen Paare also die zweifelhafte My-Home-is-my-Castle-Privatheit des Autos genießen und nutzen.
Ich erzähle das, weil meine Mutter, nachdem ich ihr vom Freiluft-Kino in Lörick erzählte, sofort den Vergleich mit dem Autokino gezogen hat. Dabei denke ich, dass der Vergleich hinkt. Stark vereinfacht gesagt, geht es beim Freiluft-Kino doch eher um das Filmerlebnis unter freiem Himmel und beim Autokino eher um's Erlebnis in der Privatheit des Autos (vor flimmernder Leinwand eben).
Aber: Hier wie dort gibt es eben auch Unterschiede in der Erlebnisqualität. Auf "meiner" Rheinseite, Derendorf, Golzheim, Pempelfort, steht die Burg Frankenheim. Das ist ein Freiluft-Kino (obwohl hier wahrscheinlich der Ausdruck Open Air angebracht wäre). Irgendwie will es mir scheinen, als würde die professionelle Anmutung des Unternehmens "Frankenheim-Kino" von Jahr zu Jahr ausgeprägter. Inzwischen ist es eben ein voll ausgestatteter Kinosaal, mit Catering und allem Pipapo (über die Toilette bin ich nicht informiert), dem eigentlich nur noch die Klimaanlage fehlt. Das Ganze wirkt, als hätten sie aus einem Multiplex-Kino einen Saal ausgeschnitten und in den Rheinpark gesetzt. Kann man machen...
Also, der Fairness halber muss ich gestehen, dass ich dieses Jahr endlich mal auch ins Frankenheimkino... Ich hab's nämlich die letzten Jahre nie geschafft. Aber, abgesehen davon, dass ich das Kinoprogramm nicht berauschend finde, ist mir auch diesmal etwas dazwischen gekommen: das Freiluftkino in Lörick. Da war ich vor zwei Wochen und habe mir "Sommer vorm Balkon" angesehen. Zum Film nur soviel: Ich habe ihn zum zweiten Mal gesehen und fand ihn auch diesmal toll.
Und nun kommt meine Vorliebe für selbstgebastelte Geschenke, Kindergartenfeste, städtische Freibäder, Weihnachtsmärkte von Kirchengemeinden etc. etc., eben alles, was nicht professionell durchgestylt ist, zum Vorschein: Das Freiluft-Kino im Freibad Lörick ist durch und durch entzückend! Da ist es fast egal, welcher Film läuft. Es fängt schon damit an, dass man fast eine halbe Stunde in einer Schlange steht, warum auch immer: vielleicht, weil nur eine einzige Kasse geöffnet ist? Weil immer wieder das Wechselgeld ausgeht oder der Kassierer mit dem Abreißen der Karten Schwierigkeiten hat? Egal: ein netter Mensch, der schwitzt und trotzdem lacht. Dann gibt es zuwenig Liegestühle, aber weil es warm und trocken ist, kann man sich auch einfach auf die Wiese setzen (Achtung Kaninchenköttel!). Manche haben gleich die Picknick-/Liege-Decke mitgebracht. Die nächste Schlange wartet schon: eine vor dem Getränkewagen. Es gibt zwei, drei Biersorten in der Flasche, außerdem Wasser, Cola etc. Wer dann noch Lust hat, kann sich auch in die dritte Schlange einreihen: vor dem "Speisewagen" (soweit ich sehen konnte: Pommes, Currywurst, Popcorn). Genügend Zeit zum Schlangestehen war vorhanden: Der Spielfilm begann erst gegen viertel vor elf. Bis zum Beginn lagerte ich auf der Wiese, verjagte Kriebelmücken, sah immer mal wieder nach links, wo in schönster Dramatik die Sonne unterging und immer mal wieder ein Flugzeug hindurch Richtung Flughafen schwebte. Später kam beim Kopfschwenk nach rechts auch noch ein atemberaubender Mondaufgang hinzu. Es war ohne Zweifel nicht nur angenehm und schön, sondern auch noch romantisch (soweit trägt vielleicht auch noch der Vergleich mit dem Autokino.) Die Stimmung war fröhlich, entspannt, und es klang wunderbar, wenn mehrere hundert Menschen in den Abendhimmel lachten... (Herrje, ich werde kitschig! Aber so war's!)
Nachher stiegen die meisten auf ihre Fahrräder, und ich fuhr hüpfenden und schwankenden Rücklichtern in Richtung Theodor-Heuss-Brücke hinterher.
Es war ein perfekter Abend! Komisch, nicht? Dabei war die Organisation alles andere als perfekt und die "Anmutung" absolut nicht professionell. Aber vielleicht hat gerade das dem Abend erst die Möglichkeit gegeben, so zu werden. Ich habe jedenfalls beschlossen, dass ich mir die Profi-Version des Freiluft-Kinos spare. Das, was das Freibad in Lörick schafft, schaffen die Frankenheimer nie.
Stattdessen folge ich endlich einmal dem Tipp eines gewissen Herrn Pappnase, der sich die Sonnenuntergänge vom Dach der Tonhalle anzusehen pflegt. Das steht auch schon ganz lange auf meiner Liste...

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